Leptonen
im Standard-Modell - Die Suche nach Neutrino-Oszillationen
Der
sogenannte Super-Kamiokande ist ein Neutrino-Detektor, der atmosphärische
Neutrinos zählt.
Atmosphärische Neutrinos werden bei Zerfallsreaktionen
von Hadronen (z.B. p+)
erzeugt, die bei Stößen von Höhenstrahlung
mit Atomkernen der oberen Erdatmosphäre entstehen. Elektron- und Myon-Neutrinos
werden dabei vor allem durch die Reaktion
p+
à
nm
+ m+
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und die Folgereaktion
m+
à
e+ + nm+
ne
erzeugt.
Es entstehen also nm,
nm
und
ne.
Ihr Zahlenverhältnis
(nm
+
nm
)/ne
sollte erwartungsgemäß
2 betragen.
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Super-Kamiokande
ist ein Cerenkov-Detektor
mit 50000 Tonnen (!) Wasser, die von 11146
Photomultipliern
"überwacht" werden. Er befindet sich in 1000 m Tiefe in einem Blei-
und Zinkbergwerk in Japan. Mit ihm lassen sich Elektron- und Myon-Neutrinos
zählen, die sich durch - für ihren Flavour charakteristische
- Reaktionen in dem großen Wassertank verraten. Es wird dabei nicht
nur unterschieden, welchen Flavour ein registriertes Neutrino hatte, sondern
auch aus welcher Richtung es kam und welche
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Energie es hatte.
Die Abbildung rechts zeigt den Detektor mit einer Vielzahl von Fenstern vor
den einzelnen Photomultipliern. Drei Physiker kontrollieren gerade - in
einem Schlauchboot sitzend - die Wand.
Das Foto wurde freundlicherweise
vom ICRR (Institute for Cosmic Ray Research), The University of Tokyo zur
Verfügung gestellt.
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Die
Grundidee der Messung in Japan ist, festzustellen, ob atmosphärische
Neutrinos auf ihrem Flug durch die Erde (ca. 13000 km) ihren Flavour ändern.
Man
zählt dazu Neutrinos (m-Typ
und e-Typ), die über dem Detektor (in ca. 15 km Höhe) entstehen
und daher "von oben" kommen und Neutrinos, die auf der gegenüberliegenden
Seite der Erde (ca. 13000 km Entfernung) entstehen und "von unten" kommen
(siehe rechte Abbildung).
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Teilchenphysiker
haben während 535 Tagen 4353 Ereignisse in ihrem Wassertank gezählt
und ausgewertet. Das Ergebnis ist beeindruckend. Zum ersten Mal scheint
es einen Beweis dafür zu geben, dass Myon-Neutrinos ihren Flavour
ändern. Einen Teil der graphischen Auswertung zeigt die Abbildung
rechts. Über dem Zenitwinkel
q
(d.h. seinem
Kosinuswert: cosq;
-1 bedeutet "von unten", +1 "von oben") ist die Anzahl der registrierten
m-Neutrinos
mit einem Impuls größer als 0,4 GeV/c aufgetragen (schwarze
Punkte). Die schraffierten Balken entsprechen der "Monte-Carlo"-Simulation
unter der Annahme, dass es keine Neutrino-Oszillationen gibt (man erkennt,
dass es hier keinen Unterschied zwischen "von oben " und "von unten" gibt).
Der deutliche Unterschied zwischen Simulation und Experiment, bei cosq
= -1 erwartet
die Simulation immerhin fast doppelt so viele
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Neutrinos (siehe roter
Pfeil in Abb.) wie das Experiment liefert, zeigt, dass Myon-Neutrinos
auf dem Weg durch die Erde "verlorengehen".
Für
Neutrinos, die "von oben" kommen (+0,2 < cosq
< +1), also
nur ca. 15 km seit ihrer Erzeugung zurückgelegt haben, stimmen Simulation
und Experiment hingegen gut überein, d.h. auf dieser kurzen Strecke
ändern sie offensichtlich ihren Flavour nicht.
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Erstaunlicherweise wurde bei den Elektron-Neutrinos
kein signifikanter Unterschied zwischen "von oben" und "von unten"
kommend festgestellt. Die Myon-Neutrinos können sich also nicht
in Elektron-Neutrinos verwandelt haben. Als naheliegende Erklärung
bleibt, dass sich die Myon-Neutrinos in
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Tauon-Neutrinos umgewandelt
haben.
Das
Ergebnis ist das bisher überzeugendste Anzeichen für eine Neutrinomasse.
Aufgrund der Länge der Messstrecke könnten die Neutrinos eine
Masse in der Größenordnung von ca. 30 meV = 30 . 10-3
eV haben.
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Man beachte allerdings, dass es sich hierbei um Messergebnisse
handelt, die noch nicht durch eine Vergleichsmessung bestätigt wurden
(was ja auch nicht gerade einfach ist).
Außerdem
ist die Erklärung, dass sich die
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Myon-Neutrinos in Tauon-Neutrinos
verwandelt haben, eine Vermutung. Dies wäre durch eine Suche nach Tauon-Neutrinos
zu bestätigen.
(siehe
auch )
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