Die
vier Wechselwirkungen - Experimentelle Bestätigungen
des Standard-Modells
Wie lässt sich ein physikalisches Modell bestätigen?
Prinzipiell natürlich so, indem man alle seine Vorhersagen
mit der Realität vergleicht. Stimmen sie überein, so wird das
Modell zumindest für den überprüften Bereich richtig sein.
Natürlich können in der Praxis nicht alle Vorhersagen eines Modells
überprüft werden, so dass man sich auf bestimmte
|
Prüfpunkte
beschränkt. Im Folgenden sollen zwei Beispiele für Messungen
gezeigt werden, die explizit zum Vergleich verschiedener Theorien gemacht
wurden. Die Messergebnisse sind - soviel sei schon hier verraten - beeindruckende
Bestätigungen des Standardmodells bzw. der QCD.
|
|
Im
ersten Beispiel geht es um eine Vorhersage des Standardmodells
über mögliche Prozesse bei einer e+-e--Annihilation.
Bei sehr hohen Schwerpunktsenergien (ab ca. 160 GeV) wird die Reaktion
e+ +
e- à
W+
+ W-
möglich.
Die Reaktion kann elektromagnetisch über Photon- Austausch geschehen
(siehe Feynman- Diagramm rechts). Das Diagramm hat aber einen entscheidenden
Haken, sein Beitrag zum Gesamtprozess, der mit dem Feynman-Kalkül
berechnet werden
|
|
kann, divergiert bzw. wird unendlich groß.
Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, mit der dieser Prozess stattfindet (die zwischen 0 und 1 liegen muss!) natürlich viel zu groß wird.
Es liegt offenbar ein Fehler vor.
|
|
Man sucht nun nach Prozessen, die zwar die gleiche Teilchenreaktion beschreiben, aber über eine andere Wechselwirkung ablaufen. Man hofft dabei darauf, dass diese Prozesse
bei der theoretischen Berechnung mit dem Feynman-Kalkül einen Beitrag zum Gesamtprozess leisten, der den der ersten Reaktion |
kompensiert. Eine Möglichkeit hierzu ist der Austausch eines Elektron-
Neutrinos ne (siehe Feynman- Diagramm rechts). Aber auch dieser Prozess kann den Beitrag
des elektromagnetischen Prozesses nicht kompensieren.
|
|
Um
die Divergenz des elektromagnetischen Beitrags zu kompensieren, muss eine
weitere Reaktionsmöglichkeit ähnlicher "Stärke" existieren.
Das Standardmodell lässt dazu einen schwachen Prozess über das
dritte schwache Austauschboson, das Z0
zu. In diesem Diagramm
kommt ein sogenannter ZWW-Vertex vor (d.h. ein Vertex, an dem alle drei Autausch- bosonen der schwachen WW beteiligt sind!; siehe Feynman-Diagramm rechts). Erstaunlich
ist nun, dass der Beitrag dieses Prozesses zusammen mit dem elektromagnetischen
Prozess wieder einen endlichen Wert ergibt. Man benötigt also den
ZWW-Vertex, um den
|
|
Gesamtbeitrag
erklären zu können.
Mit
dem Feynman-Kalkül kann der Gesamtbeitrag und damit der Wirkungsquerschnitt
sWW
des Gesamtprozesses berechnet werden.
|
|
Dies
wurde nun auf drei verschiedene Weisen gemacht. Einmal im Rahmen des Standardmodells
(alle drei Prozesse), einmal unter der Vorgabe, dass es keinen ZWW-Vertex
gibt, und einmal unter der Vorgabe, dass es nur den
ne-Austausch
gibt. Um die drei Vorhersagen zu überprüfen, wurde der tatsächliche
Wirkungsquerschnitt sWW
experimentell mit LEP am CERN gemessen. Das erstaunliche Ergebnis ist in
folgendem Diagramm dargestellt: Die Verläufe des Wirkungsquerschnitts
sind je nach Vorhersagemodell grün, blau und rot eingezeichnet. Das
Messergebnis von LEP zeigen die beiden schwarzen Punkte. Es bestätigt
das Standardmodell und damit den ZWW-Vertex.
|
Grafik von CERN, Geneva
|
|