Streu-Experimente
- Der differenzielle Wirkungsquerschnitt (Interpretation)
Wir haben bisher herausgefunden,
dass Teilchen, die durch das Flächenelement
ds
fliegen, in das entsprechende
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Raumwinkelelement dW
gestreut werden.
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Gibt
es einen Zusammenhang zwischen ds und
dW?
Ja! Je größer wir
ds machen, desto größer wird auch dW.
Der Quotient D aus ds und dW und ist eine Größe, die im einfachsten Fall nur vom Streuwinkel
q
und dem Stoßparameter
b abhängt. Da man b durch q
ausdrücken kann (und
umgekehrt), hängt D im Prinzip nur von
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q
(bzw. nur von b) ab. Es gilt also D = D(q) (bzw. D = D(b)). Der Quotient lautet dementsprechend:
D(q)
= ds/dW
Man
bezeichnet den Quotienten aus "Eintrittsflächen- und Raumwinkelelement"
ds/dW
als differenziellen Wirkungsquerschnitt.
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Was
kann man sich darunter vorstellen? Wie wird ds/dW
gemessen?
Dazu
muss man zuerst etwas über Teilchendetektoren (d.h. Teilchen- "Zähler")
wissen. Kugel- oder zylinderförmig um ein Target herum angeordnet, manchmal auch
als Wand dahinter, befinden sich viele einzelne Teilchendetektoren. Solche
Anordnungen nennt man Detektor-Arrays (engl. "array", bedeutet "Aufstellung").
Jeder einzelne Detektor zählt die Teilchen, die durch seine Eintrittsfläche
AD
treten (siehe die Skizze rechts, dort sind zwei Detektoren als blaue Quader
angedeutet). Bei Messungen treten alle Teilchen, die in das Raumwinkelelement
dW
gestreut werden in die Eintrittsfläche AD
eines einzelnen Detektors ein, der auch die Energie der einfallenden Teilchen
messen kann. Da es sich hier nicht mehr um ein infinitesimal kleines, sondern
um ein
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makroskopisches Raumwinkelelement handelt, schreiben wir
nicht mehr dW
sondern DW.
Das Bild rechts zeigt ein Detektor-Array des Hermes-Detektors bei DESY.
Ein Physiker schließt gerade Datenleitungen an einzelne Detektoren
an.
Für
eine Messung ist DW
also eine feste bekannte Größe (DW
= AD
/r2).
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Jeder
einzelne Detektor misst eine Teilchenrate dNDetektor/dt
(Anzahl einfallender Teilchen pro Zeiteinheit). dNDetektor/dt
ist proportional zum differenziellen Wirkungsquerschnitt
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ds/dW.
Der Proportionalitätsfaktor kann durch Gleichung (1) beschrieben werden.
Es
gilt also:
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(1)
NStreu/A bezeichnet dabei die Flächendichte der Streuzentren. Sie ist
eine Materialkonstante.
DW
ist
die das bekannte
Raumwinkelelement
dNStrahl
/dtist die
Strahlteilchenrate
liefert jeder einzelne Detektor für sein
Raumwinkelelement
dNDetektor/dt
liefert jeder einzelne Detektor für sein Raumwinkelelement
Man
kann folglich aus dieser Messung den differenziellen Wirkungsquerschnitt
für jeden Streuwinkel berechnen. Die Messgenauigkeit des Streuwinkels
ist dabei durch die Größe der Eintrittsfläche in den einzelnen
Detektor bestimmt. Um es noch einmal deutlich zu machen:
Für
jeden einzelnen Detektor bzw. den
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damit verbundenen Streuwinkel
q
wird ein Wert ds/dW
bestimmt.
Der Genauigkeit halber muss man daher ds(q)/dW
schreiben,
um die Abhängigkeit des differenziellen Wirkungsquerschnitts vom Streuwinkel
zu verdeutlichen.
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Löst
man Gleichung (1) nach ds/dW
auf, erhält man:
Unter
der Voraussetzung, dass dt ein messbar kleines Zeitintervall und
dann dNDetektor und
dNStrahl messbare
ganze Zahlen sind, kann man wiederum vereinfachen zu:
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NDetektor/NStrahl
ist nichts
anderes als das Verhältnis aus der "Anzahl der Teilchen, die in einen
bestimmten einzelnen Detektor gestreut wurden, geteilt durch die Anzahl
der Teilchen, die insgesamt im Strahl waren".
Somit
ist NDetektor/NStrahl
nichts anderes als die Wahrscheinlichkeit für ein Teilchen des Strahls
in das Raumwinkelelement des Detektors gestreut zu werden. Daraus folgt
dann endlich:
Der differenzielle Wirkungsquerschnitt ist proportional zur Wahrscheinlichkeit dafür,
dass ein Teilchen in ein bestimmtes Raumwinkelelement gestreut wird.
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Ergibt
die Auswertung einer Messung, dass für den Streuwinkel q1
der differenzielle Wirkungsquerschnitt
ds(q1)/dW
doppelt so groß ist wie für einen anderen Streuwinkel
q2,
so bedeutet das, dass die Wahrscheinlichkeit pro Raumwinkel für ein
Teilchen, unter dem Winkel q1
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gestreut zu werden doppelt so groß ist, wie unter q2.
Für eine gegebene Versuchsanordnung würde man folglich erwarten,
dass der Detektor, der unter dem Winkel q1
getroffen wird, doppelt so viele Teilchen registriert wie der Detektor
unter dem Winkel q2.
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