Die
Teilchen des Standard-Modells - Quantenzahlen
Einer
der wichtigsten Unterschiede zwischen physikalischen Betrachtungen im makroskopischen
Bereich der klassischen Physik und denen im mikroskopischen Bereich
der Teilchenphysik ist, dass bestimmte Eigenschaften, die Teilchen besitzen,
nur noch quantisiert, das heißt "in Portionen" angenommen
werden können.
Z.B.
kann ein Teilchen nur den Spin (Eigendrehimpuls) besitzen, der ein ganzzahlig
Vielfaches der kleinsten
|
Einheit, h/2 ist. Es genügt
folglich, für den Spin die Zahl anzugeben, mit der die kleinste "Portion"
multipliziert wird. Solche Zahlen nennt man Quantenzahlen. Neben
den Quantenzahlen, die mit bekannten Größen verbunden sind,
wie eben z.B. der Spin oder auch die elektrische Ladung,
gibt man zur Unterscheidung von Teilchen und ihrer Zustände
noch eine Reihe weiterer Quantenzahlen an.
|
|
Die
Quantenzahl eines zusammengesetzten Teilchens ist die Summe der Quantenzahlen
seiner Bausteine
Folgende
Übersicht soll die wichtigsten Quantenzahlen, der Teilchenphysik vorstellen:
1.
Die elektrische Ladung Q à die Ladungs-Quantenzahl Q
Auch
die elektrische Ladung ist quantisiert. Sie kann nur als Vielfaches der
Elementarladung e (bzw. 1/3 e) vorkommen.
Quarks tragen die elektrische Ladung -1/3 e oder +2/3 e. Ihnen wird daher,
je nach Flavour, die Ladungsquantenzahl Q = -1/3 oder Q = +2/3 zugeordnet.
Das Proton trägt eine positive Elementarladung, es hat deshalb Q =
+1
Das Elektron trägt eine negative Elementarladung, es hat Q = -1
2.
Die Spin-Quantenzahl s
Mikroskopische
Teilchen können nur Eigendrehimpulse (Spins) annehmen, die ein ganzzahlig
Vielfaches von h/2 = h/4p (h Plancksches Wirkungsquantum)
sind. Zur Angabe des Spins eines Teilchens
|
genügt es folglich die
Zahl anzugeben (die sogenannte Spin-Quantenzahl s), mit der h
multipliziert werden muss, um den Spin zu erhalten.
|
|
Quarks und
Elektronen besitzen den Spin h/2. Man ordnet ihnen die
Spin-Quantenzahl s = 1/2 zu.
Siehe hierzu auch
3.
Die z-Komponente des Spins Sz
Die
Spin-Quantenzahl - kurz Spin genannt - eines Teilchens drückt den
Eigendrehimpuls aus. Damit ist aber noch nicht festgelegt, in welche Richtung
sich ein Teilchen dreht, ob rechts-
oder
linksherum. Um einen Drehsinn anzugeben, muss man eine Achse festsetzen,
bezüglich der man von rechts- oder linksherum sprechen kann. Man nimmt
dazu die Achse, bezüglich der das Teilchen den maximalen Spin
besitzt. Die Physiker legen üblicherweise immer die z-Achse
in diese Richtung. Der Drehsinn wird durch das Vorzeichen unterschieden.
Rechtsherum zählt positiv, linksherum negativ. Die zugehörige Quantenzahl,
|
die das Vorzeichen berücksichtigt, heißt z-Komponente
des Spins Sz. Elektronen können je nach Drehsinn Sz
= 1/2 oder Sz = -1/2 haben. Diese Unterscheidung nennt
man auch "Spin up (á)" oder "Spin down (â)",
was aber nichts mit den Quarkflavours up und down zu tun hat. Ein up-Quark
kann z.B. "Spin up oder down" haben!
Die
Drehsinnberücksichtigung hat aber auch zur Folge, dass sich bei zusammengesetzten
Teilchen die einzelnen Spins nicht nur zu einem größeren Spin
addieren, sondern auch gegenseitig aufheben können.
|
|
Das p-Meson
besitzt z.B. den Spin 0, weil sich die Spins der enthaltenen Quarks und
Antiquarks gegenseitig aufheben (einmal Sz = 1/2 und einmal
Sz = -1/2).
Baryonen aus drei Quarks können dagegen maximal Spin 3/2 haben, wenn
die drei einzelnen Spins der enthaltenen Quarks alle Sz = 1/2
betragen. Ist einer davon andersherum gerichtet, so ist Sz des
Baryons nur noch 1/2 + 1/2 + (-1/2) = 1/2.
Wenn
man alle möglichen Kombinationen durchspielt, erhält man als
mögliche z-Komponenten des Spins für Baryonen: -3/2, -1/2, 1/2
und 3/2.
Daraus
kann man auch sofort die allgemeine Regel ableiten, dass zusammengesetzte
Teilchen mit (Gesamt-) Spin s die z-Komponenten -s, -s+1, -s+2, ..., s-2,
s-1 oder s haben können.
Ein zusammengesetztes Teilchen mit s = 1 kann für Sz die
Werte -1, 0 und 1 annehmen.
Baryonen, deren Quarks zusätzlich zum Spin einen Bahndrehimpuls besitzen,
nennt man "Baryonische Resonanzen".
Siehe hierzu auch
4.
Die Bahndrehimpulsquantenzahl l
bzw. L
Teilchen
besitzen neben Spins (Eigendrehimpulse) auch einen Drehimpuls bezüglich
der Rotation um einen Punkt (z.B. "P" in Abb. rechts) außerhalb einer
Achse durch ihren Schwerpunkt (Bewegung auf einer "Bahn"
mit der Bahngeschwindigkeit v). Diesen Drehimpuls nennt man Bahndrehimpuls.
Der Bahndrehimpuls ist quantisiert. Er kann für Teilchen des mikroskopischen
Bereichs nur ganzzahlig Vielfache von h betragen. Wie
andere quantisierte Größen wird der Bahndrehimpuls auch durch
eine
|
Quantenzahl, die Bahndrehimpulsquantenzahl
l
(für
ein einzelnes Teilchen) oder L (für mehrere Teilchen)
angegeben. Teilchen können
l
= 0, 1, 2,
3, ... besitzen. Historisch bedingt benutzen die Physiker dafür aber
noch eine andere Schreibweise. Sie bezeichnen den Zustand eines Teilchens
mit l
= 0 mit "S",
l
= 1 mit "P", l
= 2 mit "D"
etc.. Z.B. besitzt ein P-Zustand immer den Bahndrehimpuls 1. Alle verwendeten
Buchstaben in der Übersicht:
|
|
Quantenzahl l
= ...
|
0
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5 ... |
verwendeter Buchstabe
|
S
|
P
|
D
|
F
|
G
|
H ...(alphabetisch weiter) |
Siehe hierzu auch
5.
Gesamtspin j bzw. J
Neben
dem Spin s (Eigendrehimpuls) eines Teilchens bzw. dem zusammengesetzten
Spin S eines Teilchensystems (z.B. Baryon), besitzt ein Teilchen noch einen
Bahndrehimpuls l. Spin und Bahndrehimpuls werden nach bestimmten Regeln
zu einem
|
Gesamtdrehimpuls bzw. Gesamtspin J addiert. Wenn klar ist,
dass die Regeln beachtet werden müssen, schreibt man oft einfach
J = L + S oder für
einzelne Teilchen j = l
+ s
(kleine Buchstaben) wobei es sich streng genommen um eine Vektoraddition
handelt!.
|
|
Siehe hierzu auch
6.
Die Leptonenzahl L
Bei
Experimenten hat sich herausgestellt, dass die Anzahl der Leptonen vor
und nach einer Reaktion erhalten bleibt. Leptonen werden nicht beliebig
erzeugt oder vernichtet, außer es kommt zur Paarvernichtung
(Annihilation) oder -erzeugung zwischen Teilchen und Antiteilchen. Man
ordnet daher Teilchen die sogenannte Leptonenzahl L zu und kann damit rechnerisch
überprüfen ob die Summe der Leptonenzahlen erhalten bleibt.
Ein
Lepton erhält L = +1, Antileptonen L = -1 und alle anderen Elementarteilchen
L = 0.
Bei
den Leptonen unterscheidet man noch einmal zwischen den verschiedenen Generationen.
So
|
ordnet man der entsprechenden Generation eine e--, eine
m--
und eine t--
Leptonenzahl
(Le, Lm
und Lt)
zu, die einzeln
erhalten bleibt.
Beispiel (Zerfall des Müons):
m-
à
nm+
e- + ne
dabei
gilt für die Leptonenzahlen: Lm(m-)
=
+1 und Lm(nm)
=
+1; Le(e-)
= +1; Le(ne)
= -1
Man
erkennt, dass "die Summe aller" Lm
und Le
sowohl vor als auch nach dem Zerfall
gleich ist.
|
|
7.
Die Baryonenzahl B
Die
Baryonenzahl B ist analog zur Leptonenzahl die Quantenzahl, die ausdrückt,
ob ein Teilchen Baryon, Antibaryon oder etwas anderes ist. Ein Baryon erhält
die Baryonenzahl B = 1,
|
ein Antibaryon B = -1.
Da
ein Baryon aus drei Quarks besteht, erhält ein Quark B = 1/3 und ein
Antiquark B = -1/3. Alle anderen Elementarteilchen haben B = 0.
|
|
8.
Der Isospin I
Da
die starke Kraft, die die Nukleonen zusammenhält, unabhängig
von ihrer elektrischen Ladung ist, wurde schon vor der Entdeckung
der Quarks vermutet, dass Proton und Neutron sehr eng verwandte Teilchen
sein müssen. Sie wurden daher als zwei verschieden Zustände -
der eine elektrisch geladen, der andere neutral - ein und desselben Teilchens,
des Nukleons, betrachtet. Neben diesem Beispiel findet man noch
eine Reihe weiterer Teilchen, für die die starke Kraft ähnlich
ist und daher nur als "verschiedene Zustände eines Teilchens" betrachtet
werden, so z.B. das p+,
p0
und p--Meson.
Zu ihrer Unterscheidung führt man einen abstrakten "Spin", den Isospin
I ein, der außer dem Namen aber nichts mit dem richtigen
Spin zu tun hat und für den es auch keine anschauliche Vorstellung
wie den Eigendrehimpuls o.ä. gibt. Man ordnet einem Teilchen, das
in verschiedenen Zuständen vorkommt, einen "Isospin I"
|
zu, der angibt,
wie viele verschiedene Zustände des einen Teilchen vorkommen. Die
eigentliche Unterscheidung erfolgt wie beim Spin durch die z-Komponente.
Der Isospin I gibt den Maximalwert vor und die Komponente in z-Richtung
(beim Isospin mit I3
bezeichnet, weil die z-Achse meist die 3. der drei Raumrichtungen ist)
liefert die eigentliche Unterscheidung der Teilchen durch unterschiedliche
Vorzeichen bzw. Werte. Die Gruppe aus den Teilchen, die nur verschiedene
Zustände eines Teilchens darstellen, nennt man allgemein Multiplett.
Zwei Teilchen wie z.B. Proton und Neutron bilden ein Dublett (n = 2),
drei Teilchen wie z.B.
beim p+,
p0
und p--Meson
ein Triplett (n = 3) usw..
Der
Maximalwert des Isospins berechnet sich nach der Formel:
I = n/2 - 1/2
|
|
Für ein Dublett (n = 2), wie das aus Proton und Neutron, erhält
man:
I
= (2 : 2) - 1/2 = 1/2. Die Nukleonen haben also Isospin I = 1/2
Für ein Triplett, wie das der p-Mesonen,
erhält man:
I
= (3 : 2) - 1/2 = 1. Die Pionen haben also Isospin I = 1
Ein Quartett hat Isospin I = 3/2, ein Quintett I = 2 usw.
Der Isospin betrifft nur die starke Wechselwirkung und somit auch nur die Quarks bzw. Hadronen.
Wenn es denn nötig ist, so könnte man Leptonen den Isospin Null zuordnen.
9.
Die z-Komponente des Isospins I3
Die
z-Komponente des Isospins I3 unterscheidet
die Teilchen eines Isospin-Multipletts (z.B. die des Nukleonen-Dubletts)
durch verschiedene Werte. In Anlehnung an den Spin erfolgt auch hier die
gleiche Unterscheidung:
Für
I = 1/2 gibt es die z-Komponenten I3
= 1/2 und I3
= -1/2
Für
I = 1 gibt es die z-Komponenten I3
= -1, I3
= 0, und I3
= +1
Für
I = 3/2 gibt es I3
= -3/2, -1/2, 1/2 und 3/2 usw.
Das Proton hat I3 =
1/2, das Neutron hat I3
= -1/2
Das
p+-Meson
hat I3 =
+1, das p0-Meson
hat I3 = 0 und das
p--Meson
hat I3 = -1
Allgemein gilt, dass man dem Teilchen eines Multipletts, das die größte positive Ladung trägt, den größten I3 -Wert, also
I3 = I zuordnet und dann die restlichen I3 -Werte mit absteigender Ladung der Größe nach
verteilt.
Man
erkennt an den Beispielen einen Zusammenhang zwischen der elektrischen
Ladung und der z-Komponente des Isospins. Diesen Zusammenhang drückt
eine weitere Quantenzahl aus, die Hyperladung Y.
10.
Die Hyperladung Y
Die
Quantenzahl "Hyperladung" verbindet die elektrische Ladung und den Isospin.
Sie berechnet sich einfach aus Q und I3:
Y
= 2.(Q - I3)
Das Proton hat z.B. die Hyperladung Y = 2.(1 - 1/2) = 1
Das Neutron hat die Hyperladung Y = 2.(0 - (-1/2)) = 1. Beide
besitzen also die gleiche Hyperladung!
11.
Die Charm-Quantenzahl c
Die
Charm-Quantenzahl c gibt an, ob ein Elementarteilchen ein charm-Quark,
charm-Antiquark oder keines von beiden ist. Dabei erhält ein charm-Quark
die Quantenzahl c = 1, ein charm-Antiquark
|
c = -1 und alle anderen Elementarteilchen
c = 0. Zusammengesetzte Teilchen haben als Charm-Quantenzahl wieder die
Summe der c`s ihrer Bausteine.
|
|
Das J/Y-Meson
(Charmonium) aus einem c-Quark
und einem c-Antiquark hat c = +1 + (-1) = 0.
12.
Die "Seltsamkeit" oder "Strangeness"
à
die Strangeness-Quantenzahl
S (kurz: Strangeness)
Ursprünglich
wurden mit dieser Quantenzahl Teilchen gekennzeichnet, die sich seltsam
(engl. strange) verhielten, was ihre Erzeugungszeit und Lebensdauer betraf.
Heute wissen wir,
|
dass S einfach der Unterscheidung von strange-Quark und
strange-Antiquark dient. Ein strange-Quark hat S = -1 und ein strange-Antiquark
S = +1. Alle anderen Elementarteilchen haben S = 0.
|
|
Das W--Baryon aus drei strange-Quarks hat z.B. die Strangeness
S = -3
Das Antiteilchen des W--Baryons aus drei strange-Antiquarks
hat dann die Strangeness S = +3
|